FDP Kreisverband Aachen-Land

Haushaltsrede von Georg K. Helg zum Städteregionshaushalt 2019, gehalten am 13. Dezember 2018

15. Dezember 2018

Fraktion der Freien Demokraten
Georg K. Helg

Haushaltsrede 2019

Es gilt das gesprochene Wort

 

Sehr geehrter Herr Städteregionsrat, liebe Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren!

Das Haushaltsrecht ist in der Demokratie das Urrecht der Parlamente.

Wie wenig den Abgeordneten der Kommunalparlamente davon heute real bleibt wird einem immer dann bewusst wenn es nach wochenlangen Beratungen an das Abfassen einer Haushaltsrede geht. Der prozentuale Anteil der frei verfügbaren Mittel, und damit unsere Gestaltungsmöglichkeiten, wird gegenüber den Pflichtaufgaben immer kleiner. Umso wichtiger ist es daher das wenige möglichst gezielt einzusetzen.

Für eine kleine Oppositionspartei stellt sich dabei immer wieder die Frage: Sagen wir einfach zu allem nein oder bemühen wir uns in Gesprächen mit den Mehrheitsfraktionen zumindest einen Teil auch unserer Vorstellungen realisieren zu können.

Dabei ist selbstverständlich zu berücksichtigen, dass bereits der weitaus größte Teil der dem Haushalt zugrunde liegenden Zahlen auf Beschlüssen beruht, die wir selbst im Laufe der Jahre oder des letzten Jahres mit beschlossen haben und die von uns nach wie vor voll unterstützt werden.

Nicht zuletzt dem stets um Ausgleich bemühten Städteregionsrat ist es zu danken, dass Opposition nicht nur Mist ist. So konnten auch wir Liberalen in der Vergangenheit für manche unserer Ideen Mehrheiten gewinnen. Ich nenne nur ein für uns besonders wichtiges Beispiel: Aus dem Landesprogramm "Gute Schule 2020" 40 Prozent der Mittel für die Digitalisierung der Schulen aufzuwenden. Auch in der gemeinsamen Strukturkommission konnten wir auf Augenhöhe mit den Mehrheitsfraktionen und der SPD mit dafür sorgen, den Haushalt von einer ganzen Reihe unserer Meinung nach entbehrlicher Ausgaben zu entlasten.

Auf dieser Grundlage war es für meine Fraktion nur logisch den im Vorjahr begonnenen Weg fortzusetzen und im Austausch mit der Mehrheit auch etwas liberalen Zucker auf die Haushaltstorte zu streuen.

Uns ging es dabei vor allem um drei Schwerpunkte:

  1. Wirtschafts- und Wissenschaftsförderung im Verbund mit dem Strukturwandel
  2. Soziales mit dem Schwerpunkt Langzeitarbeitslosigkeit
  3. Digitalisierung

Zu 1 zitiere ich unseren Mann in Düsseldorf: Dr. Werner Pfeil: Eine der großen Herausforderungen unserer Region ist der Strukturwandel.

Die Mitglieder unserer Fraktion sind aktiv im Zweckverband und in der dort gegründeten Task-Force, die während der Sommerferien schon ein Projektpapier entwickelt hat.

Sie sind aber auch aktiv in der Gesellschafterversammlung der Zukunftsagentur Rheinisches Revier und im Landtag. Neben diesen guten Vorarbeiten, bei denen mögliche Umsetzungsprojekte aus den Regionen erarbeitet und vorgestellt werden, ist es jedoch auch notwendig für bereits jetzt umzusetzende Großprojekte die finanziellen Mittel zur Verfügung zu stellen, um die Planungen zügig voranzutreiben.

Andere Regionen in Deutschland entwickeln sich ebenso weiter fort, so daß wir hier nicht abwarten können, sondern mit voran gehen müssen.

Das bedeutet gerade für den EUREGIO Railport in Stolberg/Eschweiler, dass Gelder für entsprechende Planungen vorhanden sein müssen, denn hier geht es nicht nur um einen Umschlagplatz von Gütern, die von den Seehäfen in Rotterdam und Antwerpen zu uns kommen, es geht auch um Veredelung und die Ansiedlung neuer weiterer Firmen.

Das bedeutet für das Drehkreuz Weisweiler, dass hier Gelder ebenso für Planungen bereit gestellt werden müssen, um zügig die weitere Entwicklung zu begleiten.

Und das bedeutet für den Forschungsflugplatz Merzbrück, dass wir auch hier zeitnah die noch ausstehenden Planungen bezüglich der EUREGIO-Bahn zu Ende bringen, damit die Landebahn verschwenkt, die Forschungsgebäude der RWTH gebaut und E-Fly nicht nur auf dem Papier als neues Großprojekt entstehen kann.

Das sind nur drei Vorhaben, die ganz konkret jetzt schon mit Landesmitteln unterstützt werden und die für unsere Region eine hervorragende Möglichkeit der Weiterentwicklung darstellen.

Dazu kommt noch und das sei hier in aller Deutlichkeit gesagt, dass das Wissenschaftsministerium am 5.12.2018 bekannt gegeben hat, dass es die ERASMUS+ Initiative zur "Stärkung der länderübergreifenden Partnerschaft zwischen Hochschuleinrichtungen" in ganz Europa fördert.

Voraussetzung ist, dass Kooperationsmodelle unterstützt werden, die mit mindestens drei Hochschulen aus drei "ERASMUS"-Ländern zusammenarbeiten. Hier greifen wir eine alte Forderung der FDP-Fraktion in diesem Hause auf, eine strukturelle Zusammenarbeit der Hochschulen in Lüttich, Maastricht, Hasselt und Aachen weiter zu entwickeln.

Anmerkung: Der von Werner Pfeil formulierte aktuelle Antrag unserer Fraktion wurde vom SRA einstimmig angenommen.

Auch hierzu benötigen wir Gelder, vor allem aber auch man-power, um die Gesprächspartner an einen Tisch zu bekommen, die Idee der vernetzten Hochschulen in der Region Charlemagne weiterzuentwickeln und hiermit einen Beitrag zu leisten zu der Vision der "Europauniversitäten", wie sie Präsident Macron vor einem Jahr ins Leben gerufen hat.

Hier dürfen wir keines Falls abseits stehen, denn es gibt keine Region, bei der die Voraussetzungen so günstig sind, wie bei uns. Die Hochschulen liegen nicht weit auseinander und doch in drei EU-Ländern.

Auch unser Verkehrsminister hat die Forderung der engeren Zusammenarbeit der Hochschulen gehört, die unsere Fraktion dort vorgetragen hat und bereits jetzt in einem 1. Schritt für schnelle Verbindungen zwischen Maastricht, Aachen und Lüttich gesorgt.

Wir hatten für diese Bedarfe eine Gesellschaftsgründung vorgeschlagen, deren Ausstattung wesentlich durch den Verkauf der RWE-Aktien finanziert werden sollte. Die Mehrheitsfraktionen haben auf unsere Bitte hin ihren Strukturfonds nochmals um 100.000 Euro angehoben. Wenn das nicht reichen sollte werden wir sicher gemeinsame Lösungen finden.

Zu 2: Seit Jahren begleiten wir mit großem Respekt die unermüdlichen Bemühungen unseres Job-Centers die Zahl der Langzeitarbeitslosen in unserer Region zu reduzieren. Seit 2005 ist es diesem sehr erfolgreichen Team gelungen, deren Zahl auf erstmals unter 8.000 mehr als zu halbieren.

Stellvertretend für das gesamte Team möchte ich hier Stefan Graaf meinen Dank für seinen nimmermüden hochengagierten Einsatz aussprechen.

Während bisher eine dauerhafte Förderung durch Bundesprogramme immer wieder von einer unsäglichen Bürokratie behindert wurde, war es vor allem die Kurzfristigkeit dieser Programme, die Erfolge zusätzlich erschwerten.

Hier bietet jetzt das neue Bundesgesetz zur Teilhabe am Arbeitsmarkt sowohl unseren Mitgliedskommunen als auch der StädteRegion selbst als Arbeitgeber die Möglichkeit, aktive Hilfe zu leisten.

Als bei der Vorstellung des Gesetzes und seiner Fördermöglichkeiten bekannt wurde, dass die Stadt Aachen von der zunächst auf 500 Stellen geschätzten Fördermöglichkeit für die gesamte StädteRegion 50 Stellen mit Langzeitarbeitslosen besetzen will bat ich Frau Prof. Vomberg für unsere Verwaltung die finanziellen Auswirkungen bei einer Einstellung von 25 Bewerbern zu berechnen.

Ich habe unserer Sozialdezernentin zu danken, dass wir diese Zahlen umgehend erhalten haben und sie in unsere Änderungsliste einstellen konnten.

Die infrage kommenden Menschen benötigen aber für ihre Wiedereingliederung in den Arbeitsmarkt besonders intensive Unterstützung. Dafür hat das Gesetz auch ein bundesfinanziertes Coaching vorgesehen. Bei unserer Abstimmung stellten wir fest, dass auch die Mehrheit sich, genau wie wir nicht nur auf diese Zusage verlassen möchte.

So haben wir unabhängig voneinander zusätzliches Geld für ein eigenes Coaching unserer zukünftigen Mitarbeiter eingestellt.

Alle Fraktionen haben immer wieder betont, dass die Schaffung sozial geförderten Wohnraums eine soziale Aufgabe erster Priorität darstellt. Das war auch Thema des gerade hinter uns liegenden Wahlkampfes. Die StädteRegion hat da allerdings mangels verfügbarer Grundstücke nur begrenzte Möglichkeiten. Prof. Thomas hat das im Fachausschuss überzeugend dargelegt. Hier liegt die Hauptverantwortung bei unseren Mitgliedskommunen.

Trotzdem unterstützen wir alle Bemühungen in dieser Richtung und freuen uns besonders darüber, dass CDU/Grüne auf unseren Wunsch ihre dementsprechende Position um einen Betrag für bedrohte Frauen, die aus den viel zu kleinen Frauenhäusern ausziehen müssen, eingestellt haben.

Zu 3: Digitalisierung ist unbestritten eines der wesentlichen Themen, wenn nicht sogar das wesentlichste Thema der aktuellen Zeit! Nicht zuletzt in unserer Modellregion. Hierzu hat mein Fraktionskollege Hendrik Hackmann einige grundlegende Gedanken formuliert, die weit über das nächste Haushaltsjahr hinausreichen:

Was ist Digitalisierung eigentlich? Fragen Sie einen Mitbürger auf der Straße – welche Antwort werden Sie erhalten? Breitbandausbau? Verkabelung innerhalb von Schulen, um die Klassenräume mit schnellen Netzwerkverbindungen anzubinden? IPads in den Klassen? Ist das tatsächliche schon Digitalisierung?

Wir müssen als Gesellschaft den Diskurs darüber beginnen, wie viel Entscheidungsspielraum dürfen und wollen wir an Maschinen im Rahmen der Digitalisierung delegieren? Wer übernimmt die Verantwortung für diese Maschinen, sollten Fehlentscheidungen getroffen werden?

Viele Fragen, auf die es schnell Antworten zu finden gilt, da andere Regionen in Europa und andere Länder auf der Welt Siebenmeilenstiefel angezogen haben und uns davonrennen. Warum ist es grade für die StädteRegion und für Deutschland insgesamt so wichtig den Anschluss nicht zu verlieren?

Weil neben der Frage, wie kann der Wunsch der Arbeitnehmer nach steigenden Gehältern erfüllt werden, ein weiteres Problem virulent wird – nämlich der Fachkräftemangel, der mittelfristig zu einem der größten Wachstumshemmer der Wirtschaft zu werden droht.

Diese Fragen müssen wir umfassend mit unseren Mitmenschen diskutieren. Hierfür benötigen wir aber auch ein Fortbildungssystem, das auch bei unseren Mitbürgern die Voraussetzungen für die Digitalisierung schafft. Das erfahrenen Gesellen und Facharbeitern aus den unterschiedlichsten Berufszweigen die Möglichkeiten eröffnet, sich niederschwellig mit den spezifischen Neuerungen für ihren Beruf auseinanderzusetzen.

Hierfür haben wir im Haushalt einen Posten eingestellt, der eine solche Weiterbildung ermöglichen soll. Ein Projekt, das im Übrigen im Rahmen der Digitalen Modellregion, ein Förderprojekt des Landeswirtschaftsministeriums, an dem die StädteRegion teilnehmen darf, förderfähig sein wird.

Daneben existieren z.B. weitere Herausforderungen im Rahmen der Mobilität. Hier sind in der StädteRegion bereits exzellente Konzepte erdacht worden, wobei es insbesondere darum geht, diese weiterzuentwickeln. Auf der einen Seite wurden Erfolgsprojekte wie der StreetScooter oder die Mobilitätsplattform MobilityBroker bereits realisiert und erfolgreich vermarktet. Auf der anderen Seite gibt es weitere Projekte wie der eGo oder der eGo-Mover, die unsere Unterstützung benötigen.

Ein weiteres Projekt, das ebenfalls durch die StädteRegion gefördert wird und weiter gefördert werden muss, ist der bereits erwähnte Ausbau des Forschungs-Flughafens Merzbrück. Auch hierfür haben wir eine Anschubfinanzierung in den Haushalt eingestellt.

Wichtig ist, dass die StädteRegion Aachen zu einer tatsächlichen Modellregion für Digitalisierung und künstliche Intelligenz wird. Im Zuge des Strukturwandels ist Wissen unsere wesentlichste Ressource und die StädteRegion hat aufgrund der Hochschuldichte im Dreiländereck und der dortigen Fächerkonstellationen dafür die besten Voraussetzungen.

Erlauben Sie mir zum Schluss noch einige generelle Bemerkungen:

Wir hatten uns erhofft aufgrund der besseren Ausgangslage die Ausgleichsrücklage für schwierigere Zeiten wieder auffüllen zu können. Da die erwarteten KdU-Millionen aber nicht der StädteRegion sondern ausschließlich unseren Kommunen zufließen wäre dies nur mit einer nachträglichen Erhöhung der Umlage möglich gewesen. Diesen Weg wollen wir nicht gehen und stimmen deshalb - wenn auch not amused - der von der Verwaltung vorgeschlagenen Variante 3 zu. Mittelfristig sollten wir jedoch am Ziel der Stärkung der Rücklage festhalten. Besonders für unsere schwächer aufgestellten Kommunen wäre ein solcher Rückhalt bei einer eventuellen Konjunkturabschwächung eine große Hilfe.

Aufmerksam sollten wir die weitere wirtschaftliche Entwicklung unseres Rhein-Maas-Klinikums beobachten. Wir wünschen uns sehr dass durch eine konsequente Fortsetzung der Modernisierung der Erfolgsweg der vergangenen Jahre wieder aufgenommen werden kann.

Lassen Sie mich schließen mit einem herzlichen Dank an die Verwaltung insgesamt, im besonderen aber Herrn Claßen, der uns in vorbildlicher Weise bei unseren Beratungen zur Seite gestanden hat. Unser Dank gilt auch allen Mitarbeitern, hier stellvertretend gerichtet an den Personalratsvorsitzenden Frank Schalge. Nicht zuletzt danke ich meinen Fraktionskollegen für die großartige Teamarbeit. Auch den übrigen Fraktionen dieses Hauses gilt mein Dank für die stets faire Zusammenarbeit.

Die FDP-Fraktion stimmt dem Haushalt zu!

Herr Städteregionsrat,

heute leiteten Sie Ihre letzte Sitzung Ihres Städteregionstages. Ihre Leistungen sind heute schon von meinen Vorrednern gebührend gewürdigt worden. Ich schließe mich dem heute nicht an sondern ich halte es wie die Juden.

Wenn Juden sich verabschieden sagen sie

Nächstes Jahr in Jerusalem!

Ich sage Ihnen:

Übermorgen im Krönungssaal!

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„Wir sind zu Ihnen gekommen, um Ihnen mitzuteilen,
dass heute Ihre Ausreise...“
(Hans-Dietrich Genscher im September 1989)

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