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FDP Kreisverband Aachen-Land

Der „Dorfsheriff“ möchte auf den Chefsessel

21. Mai 2019

Der Polizist Bernd Engelhardt (FDP) bewirbt sich um das Bürgermeisteramt. Er setzt auf Erfahrung und Bürgernähe.

Bernd Engelhardt bewirbt sich um das Bürgermeisteramt in Stolberg
Bernd Engelhardt (FDP) im Gespräch mit Stolberger Bürgern. Foto: Oliver Schmetz

Stolberg. Oft sind es die ganz kleinen Sachen, die großen Ärger auslösen. Bernd Engelhardt erlebt dafür an diesem Samstagmorgen direkt vor dem Stolberger Rathaus ein anschauliches Beispiel: Eine Bürgerin spricht ihn an und deutet auf ein Verbotsschild, das über ihren Köpfen hängt. „Ballspielen verboten“ steht darauf, doch lesen kann man nur „spielen verboten“ – weil irgendjemand „Ball“ überklebt hat.

Vor sage und schreibe zwei Jahren habe sie sich darüber bei der Verwaltung beschwert, erzählt die Frau. Passiert ist nichts. Engelhardt schüttelt den Kopf, als er die Begebenheit erzählt. Natürlich gibt es wichtigere Dinge in Stolberg als Aufkleber auf Verbotsschildern, keine Frage. Aber in solchen Kleinigkeiten zeige sich eben, wie ernst „die Stadt“ ihre Bürger nimmt. „Ich kann nicht verstehen, dass da einfach nichts gemacht wird“, sagt Engelhardt.

Der 58-Jährige steht an diesem Morgen mit einem kleinen Wahlkampfstand vor dem Stolberger Rathaus, weil er am 26. Mai dort hinein will. Und zwar, um den Chefsessel zu erobern. Bernd Engelhardt kandidiert für die FDP für das Bürgermeisteramt, er bewirbt sich um die Nachfolge des Christdemokraten Tim Grüttemeier. Und er macht draußen vor der Tür klar, dass er den Chefsessel drinnen im Fall der Fälle nicht als sanftes Ruhekissen betrachten würde. „Ich würde nicht nur oben in meinem Räumchen sitzen, sondern auch mal draußen gucken gehen“, sagt er. Draußen, wo die Bürger sind und die Probleme auf der Straße liegen. Denn: „Ich lege den Finger auch schon einmal da rein, wo es weh tut.“

Dabei will Engelhardt das alles gar nicht als Kritik an Grüttemeier verstanden wissen, im Gegenteil. Der CDU-Mann, der Anfang des Jahres den zurückgetretenen Helmut Etschenberg auf dem Posten des Städteregionsrats abgelöst hat, habe den Job in Stolberg sehr gut gemacht. Und er, Engelhardt, sei ja auch bei der vorigen Bürgermeisterwahl genau deshalb nicht angetreten, weil er Grüttemeier so schätze. „Aber das Problem habe ich jetzt nicht“, sagt der Liberale und lacht, während er die kleine Spitze gegen seine deutlich jüngeren Konkurrenten Patrick Haas (SPD) und Andreas Dovern (CDU) verschießt. Jetzt kandidiert er wieder, wie schon in den Jahren 1999, 2004 und 2009. Jetzt macht er wieder Wahlkampf, der sich für ihn mittlerweile schon auf gut 80 Termine summiert hat. Und er freut sich dabei, wie er sagt, besonders auf die Podiumsdiskussionen.

Vielleicht mag er diese direkte Konfrontation mit seinen Konkurrenten deshalb, weil er seine eigene Erfahrung als größtes Pfund ansieht, mit dem er wuchern kann. Der FPD-Fraktionschef im Stolberger Rat ist ein bekanntes Gesicht in der Kupferstadt, macht dort seit über 30 Jahren Politik. Außerdem kommt er im Gespräch durchaus eloquent daher.

Bernd Engelhardt bewirbt sich um das Bürgermeisteramt in Stolberg
Will für die FDP bald als neuer Bürgermeister ins Stolberger Rathaus ziehen: Bernd Engelhardt. Foto: Oliver Schmetz

Bei der jüngsten Diskussionsrunde, erzählt Engelhardt, seien seine Mitbewerber mit diversen Wahlgeschenken auf Stimmenfang gegangen, er dagegen habe auf den städtischen Haushalt verwiesen und gerufen: „Sagt mir, wo noch Geld übrig ist!“ Wähler zu ködern mit Versprechungen sei nicht sein Ding, beteuert der Liberale. „Das ist nicht ehrlich.“ Natürlich sei auch er für kostenlose Bildung von der Kita bis zum Studium, sagt Engelhardt, „aber das ist nicht Aufgabe der Kommunen“. Und ein zusätzliches kostenfreies Kindergartenjahr schlage mit einer Million Euro zu Buche. Natürlich wolle auch er Stolberg nicht kaputtsparen, beteuert er. „Aber ich weiß nicht, wo wir die hernehmen wollen.“

Die Versprechen, die Bernd Engelhardt an diesem Samstagmorgen vor dem Stolberger Rathaus im Gespräch mit den Bürgern abgibt, sind da ganz anderer Natur. Dass er sich kümmern werde um ihre Belange, verspricht er den Menschen, deren Sorgen und Nöte sich um Sauberheit und Sicherheit in der Innenstadt, um lästige Baustellen und immer wieder darum drehen, dass beklagte Mängel nicht abgestellt werden. „Es sind viele Kleinigkeiten, die einen großen Haufen machen“, sagt der Liberale und gerät bei der Frage nach seinem wichtigsten politischen Thema ins Grübeln.

Klar, er ist für weniger Bürokratie und mehr Bürgerbeteiligung, für mehr Gewerbegebiete, für mehr Sicherheit und Sauberkeit auf Stolbergs Straßen, aber das hänge ja alles miteinander zusammen, meint Engelhardt. „Im Grunde gibt es in Stolberg nur wichtige Themen, und über allem stehen die Finanzen.“

Dass sich Engelhardt bürgernah zeigt, ist wohl kein Zufall. Der sechsfache Vater ist Polizist, als Bezirksbeamter in Düren tätig für die Ortsteile Birkesdorf, Mariaweiler und einige mehr, oder wie er selber es nennt: „Dorfsheriff für 25.000 Menschen“. Da habe er das Ohr am Puls des Bürgers, das präge ihn auch für seine politische Arbeit, erzählt Engelhardt. Und jetzt will der „Dorfsheriff“ auf Stolbergs Chefsessel? Ernsthaft? Ein FDP-Mann, der bei seinen bisherigen Kandidaturen nie über zehn Prozent kam? Ist der nicht chancenlos?

Bernd Engelhardt sieht das anders. Diesmal sei die Bürgermeisterwahl nicht mit der Kommunalwahl verknüpft und daher eine „reine Personenwahl“. Und da habe er durchaus eine Chance. Dass es mehr als zehn Prozent werden, hofft er sowieso. Und das Bürgermeisteramt? „Ich halte es nicht für ausgeschlossen, sonst würde das Genze ja keinen Sinn machen“, sagt er. Und fügt hinzu: „Ich will es werden und gehe davon aus, dass es spannend werden könnte.“

von Oliver Schmetz
Stolberger Zeitung, 21.05.2019

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