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FDP Kreisverband Aachen-Land

Was die ukrainischen Geflüchteten für das Schulsystem bedeuten

16. April 2022

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer steht Rede und Antwort

NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer in Alsdorf
Bürgerforum in der Alsdorfer Stadthalle mit Dr. Werner Pfeil MdL, NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer, Matthias Kürten, Vorsitzender VBE Aachen, sowie Christoph Pontzen, Vorsizender FDP-KV Aachen-Land (v.l.) Foto: Stefan Steins

Alsdorf. „Talent ist überall – fördern wir es überall“: Unter diesem Motto hatte die FDP Aachen-Land zu einem Bürgertalk mit NRW-Schulministerin Yvonne Gebauer in der Stadthalle Alsdorf eingeladen.

Es war schon ein rechter Wohlfühltermin für die NRW-Schulministerin, die sich vor allem für ihre Informationspolitik in der Coronavirus-Pandemie reichlich Kritik anhören musste, zuletzt zum Beispiel durch die Aufhebung der Maskenpflicht an den Schulen eine Woche vor Beginn der Osterferien, die viel Unverständnis erzeugte.

Doch das war kein Thema beim Bürgertalk mit Yvonne Gebauer in der Stadthalle Alsdorf unter der Überschrift „Talent ist überall – fördern wir es überall“, zu dem die FDP Aachen-Land für Mittwochabend eingeladen hatte. Nicht einmal Matthias Kürten, Vorsitzender des Verbands Bildung und Erziehung (VBE) Aachen und damit wichtiger Fürsprecher für Lehrerinteressen in der Region, hatte viel auszusetzen an Gebauers Arbeit der vergangenen fünf Jahre.

Die ersten 20 Minuten Redezeit nutzte Gebauer zunächst für einen Ausblick auf die Herausforderungen, die die ukrainischen Geflüchteten für das Schulsystem bedeuten. Rund 8700 Kinder seien bereits an deutschen Schulen angekommen, davon die Hälfte an Grundschulen. „Und sie werden länger bleiben, denn, auch wenn der Krieg vorbei sein sollte, muss erst einmal der Wiederaufbau erfolgen“, sagte Gebauer. Auch deshalb bestand sie auf die deutsche Schulpflicht: „Ukrainischer Onlineunterricht ist durchaus sinnvoll, kann aber nur oben drauf kommen.“ Das alles gehöre aber nicht in den Wahlkampf, sondern müsse parteiübergreifend und zusammen mit dem Ehrenamt gelöst werden.

Ihre Bilanz der vergangenen fünf Jahre gehörte dann aber sehr wohl in den Wahlkampf. Und naturgemäß ist diese in den Augen der Schulministerin positiv zu lesen: Beendigung der Schulstrukturdebatte mit Bestandsschutz für das Modell Förderschule, Masterplan Grundschule, Abschied vom Turboabitur nach acht Jahren, Einrichtung von landesweit 60 sogenannten Talentschulen besonders auch in sozial schwierigen Stadtteilen, die Digitalisierungsstrategie.

Einzig das Thema berufliche Bildung sei in den vergangenen Jahren etwas zu kurz gekommen und die grundsätzliche Besoldung von Lehrern nach A13 habe sie nicht durchsetzen können. „Insgesamt haben wir unser Versprechen eingelöst: Aufstieg durch Bildung ermöglichen und jedes Talent entdecken und fördern“, erklärte Gebauer.

Kürten zeigte sich zufrieden mit dem Umgesetzten, „auch wenn es immer mehr sein kann“. Er lobte vor allem die Einrichtung von 1000 neuen Studienplätzen für Sonderpädagogen, die Einrichtung von Beförderungsstellen auch in den Grundschulen und die Erhöhung der Konrektorenbesoldung. Das größte Manko sei die weiterhin ungleiche Bezahlung von gleicher Arbeit, „aber die Bezahlung nach A13 für alle Lehrkräfte unabhängig von der Schulform ist am CDU-geführten Finanzministerium gescheitert“, meinte Kürten.

Auch dass dem eklatanten Lehrermangel in der Städteregion bislang nicht durch die Wiedereinrichtung der Lehrerausbildung für alle Schulformen an der RWTH Aachen begegnet werde, liege nicht am Schulministerium. „Wir haben uns zusammen mit der FDP dafür stark gemacht, aber es wird vom Forschungsministerium blockiert“, sagte der Aachener VBE-Vorsitzende, der beim Lesen der verschiedenen Wahlprogramme in der Schulpolitik ohnehin mehr Gemeinsamkeiten zwischen den Ampelparteien (SPD, FDP, Grüne) gefunden hat als zwischen den bisherigen Koalitionspartnern CDU und FDP.

Darauf stieg Gebauer nicht ein, aber auch sie gibt zu: „Die Unterversorgung konnten wir durch unsere vier Maßnahmenpakete nicht beenden. Dafür brauchen wir neue Standorte für das Lehramtsstudium, den Ausbau bestehender Standorte und eine Reform der Lehrerausbildung. Und das geht nur im Dreiklang von Schulministerium, Forschungsministerium und den Hochschulen. Das Forschungsministerium muss mitziehen.“ Der Vorstellung, dass sich das Problem des Lehrermangels 2035 durch die demografische Entwicklung selbst erledige, erteilte sie eine Absage. „Das gibt keine Lehrerbedarfsermittlung her.“

Auf Fragen aus dem Publikum gab Gebauer auch einen kleinen Einblick in ihre Pläne, sollte sie Schulministerin bleiben. Die Schulsozialarbeit möchte sie weiter stärken. „Die Neustrukturierung war gut. Es war ein erster, sehr zäher Schritt, aber weitere müssen folgen.“ Dazu gehöre die Beschäftigung von Schulsozialarbeitern als Landesbedienstete und die weitere Aufstockung. „Schulsozialarbeit brauchen wir an allen Schulen. Ich möchte einen Schlüssel nach Schülerzahlen finden“, kündigte sie an.

Bei der Inklusion sieht sie hingegen nicht mehr so großen Handlungsbedarf. „Die Behindertenrechtskonvention gibt den inklusiven Weg vor, aber sie schreibt nicht vor, dass ein gutes Förderschulsystem dem Erdboden gleich gemacht werden muss. Wir müssen das gemeinsame Lernen an allen Standorten noch besser machen. Aber wir werden keine Förderschulen schließen.“

Wirklich gefordert war die Schulministerin in Alsdorf nicht. Sicher auch, weil das größte Aufregerthema der vergangenen zwei Jahre – die Coronaschutzkonzepte an Schulen samt zahlreicher Kommunikationspannen – nicht angesprochen wurde. Kürten sieht die Verantwortung dafür im NRW-Gesundheitsministerium, die auch die Coronabetreuungsverordnungen für die Schulen erstellt hätten. Deshalb sei das für ihn an diesem Abend kein Thema gewesen.

von Rauke Xenia Bornefeld
Aachener Zeitung 16.04.2022

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