Positionspapier zur Stärkung des Handwerks in der StädteRegion Aachen
20. Oktober 2022
beschlossen auf der Sitzung des Kreishauptausschusses des FDP-Kreisverbandes Aachen-Land am Mittwoch, 19. Oktober 2022
Antragsteller: Geschäftsführender Kreisvorstand, Dr. Werner Pfeil MdL
Der Kreishauptausschuss möge beschließen:
Das Handwerk ist einer der vielseitigsten Wirtschaftsbereiche in Deutschland. Es bildet mit seinen kleinen und mittleren Betrieben das Kernstück der deutschen Wirtschaft und ist die Basis für Innovation und Fortschritt in unserem Land. Das Handwerk ist darüber hinaus ein wichtiger Bestandteil der Gesellschaft. Viele Handwerksbetriebe sind regional verwurzelt und engagieren sich in ihrer Heimatkommune oder in Vereinen.
Wir bekennen uns zum Handwerk und möchten das Handwerk in der StädteRegion stärken und politisch dabei unterstützen, die akt. Krise zu überwinden und grundsätzliche Hemmschwellen abzubauen. Hierbei legen wir als FDP-Kreisverband Aachen-Land unseren Fokus auf Themen, die wir vor Ort mitbeeinflussen können.
Offenes Ohr für das Handwerk
Wir fordern ein offenes Ohr der Politik für das Handwerk und setzen uns dafür ein, dass die Kreishandwerkerschaft die Möglichkeit erhält, regelmäßig (z.B. einmal jährlich) z.B. im Wirtschaftsausschuss der StädteRegion oder im Wirtschaftsausschuss des Zweckverbandes Region Aachen über die aktuelle Situation des Handwerks in der Region zu berichten.
Steigende Rohstoffpreise bei öffentlichen Ausschreibungen durch Preisgleitklauseln berücksichtigen
Volatile Rohstoffmärkte (z.B. im Bauhandwerk) erschweren es dem Handwerk, bei öffentlichen Ausschreibungen verlässlich zu kalkulieren und ein sicheres Angebot abzugeben. Wir setzen uns bei der StädteRegion Aachen sowie den ihr angeschlossenen Städten und Gemeinden dafür ein, bei öffentlichen Ausschreibungen die stark steigenden Rohstoffpreise stärker zu berücksichtigen.
Hierzu erachten wir es als sinnvoll an, zu prüfen, inwieweit bei öffentlichen Ausschreibungen in Bezug auf die Rohstoffkosten entsprechende Preisgleitklauseln umsetzbar sind. Vorbildcharakter könnten hierbei die Regelungen des Bundesverkehrsministeriums oder des Bundesbauministeriums haben. Durch die Aufnahme von Preisgleitklauseln in Ausschreibungen wird es dem Handwerk wieder erleichtert, an öffentlichen Ausschreibungen teilzunehmen. Der Auftraggeber profitiert ebenfalls von einem stärken Wettbewerb.
Bürokratie vor Ort entgegentreten
Die tägliche Arbeit ist in vielen Handwerksbetrieben in unserer Region geprägt von Bürokratie, verursacht auch durch Städte- und Gemeindeverwaltungen vor Ort. Beispielsweise muss im Vorfeld einer Baustelle eine schriftliche Parkgenehmigung eingeholt werden. Der Antrag, eine Baustellentoilette aufstellen zu dürfen, ist teilweise bei einer anderen Behörde zu stellen. Digitale Antragsstrecken zur Baustelleneinrichtung existieren nicht.
Wir setzen uns für ein „Baustellenportal“ als Online-Strecke ein, dass alle gängigen Eventualitäten einer Baustelle abdeckt und es dem Handwerksbetrieb ermöglicht, alle Anträge für die StädteRegion über dieses Portal zu stellen. Dieses Angebot muss für alle Städte und Gemeinden der Region attraktiv sein, so dass sie sich im Rahmen ihres kommunalen Selbstverwaltungsrechts (Art 28 GG) dem Portal freiwillig anschließen und hierbei von der Möglichkeit der digitalen Weiterverarbeitung der erfassten Daten profitieren. Entsprechende Bescheide könnten standardisiert erstellt und über das Portal zugestellt werden. Ebenso könnte die Gebührenerhebung über das Portal verschlankt und automatisiert erfolgen.
Des Weiteren müssen wir dem Genehmigungsstau bei Baugenehmigungen entgegentreten. Dies kann vor Ort durch eine konsequente Digitalisierung, mehr Personal und städteübergreifender Zusammenarbeit gelöst werden. Das Handwerk hat sich in den zurückliegenden Jahren kontinuierlich weiterentwickelt, während die öffentliche Verwaltung mit Ihren Genehmigungsverfahren im 20. Jahrhundert stehen geblieben ist. Dies führt zu sehr langen Bearbeitungszeiten, die insb. im aktuellen Umfeld von steigenden Rohstoffpreisen und Zinsen für Bauherren nicht zumutbar sind. Wir müssen dieser Entwicklung entgegentreten.
Handwerker-Campus
In unserer Region sind Gewerbegrundstücke knapp. Rot-Grüne Bündnisse in den Städten und Gemeinden verknappen das Angebot im Rahmen der aktuellen Regionalplanung weiter und haben in vielen Städten die Ausweisung von potenziellen Entwicklungsflächen gestoppt. Diese ideologischen Entscheidungen werden zu einem größeren Mangel an Gewerbegrundstücken führen.
Wir halten diese Entscheidungen für falsch! Um dem Mangel entgegenzutreten, setzen wir uns frühzeitig für die Prüfung eines Handwerker-Campus ein. Auf einem solchen Campus könnten sich Handwerksbetriebe unterschiedlicher Fachrichtungen niederlassen und eine gemeinsame Infrastruktur im Co-Working-Sinne nutzen.
Wir glauben, dass hierdurch die Neugründung und Generationenübergabe von Handwerksbetrieben erleichtert wird und erachten es als sinnvoll an einem solchen Standort beispielsweise auch eine Kinderbetreuungsmöglichkeit einzurichten. Unsere Region könnte mit einem solchen Campus eine Vorreiterrolle einnehmen.
Fachkräftemangel
Der Fachkräftemangel ist einer der größten Herausforderungen für das Handwerk.
Wir fordern, dass die StädteRegion Aachen alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausschöpft, um dem Fachkräftemangel in unserer Region entgegenzutreten.
Wir stehen Kooperationen zwischen Schulen und dem Handwerk positiv gegenüber. Wir würden es begrüßen, wenn Schulen z.B. am Tag des Handwerkers gemeinsame Aktionstage mit dem Handwerk veranstalten, um über Berufsbilder und Karrieremöglichkeiten zu informieren. Hierdurch könnte das Interesse nochmals gesteigert werden.
Wir fordern eine stärke Vernetzung von RWTH, Fachhochschule, Berufsschulen und dem Handwerk und unterstützen beispielsweise die Überlegung eines technischen Berufsschulstandortes auf dem Campus West.
Die Anerkennung von ausländischen Berufsschulabschlüssen läuft unverändert zu schleppend. Wir fordern hier eine deutliche Beschleunigung, insbesondere bei den Benelux-Staaten, weil wir der Überzeugung sind, dass unsere Grenzregion hiervon im besonderen Maße profitieren würde.
Für junge Arbeitnehmer ist auch im Handwerk, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf sowie moderne Arbeitszeitregelungen von entscheidender Bedeutung. Dies ist für das Handwerk teilweise mit Herausforderungen verbunden. Wir fordern die StädteRegion und ihr Jobcenter dazu auf, Handwerksbetriebe beratend stärker zu unterstützen.